Reiten

Die Gunst der Stunde

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Als Trainer weiß man selbstverständlich sehr genau, wie man eine Stunde aufbaut und was Pferd, oder Pferd und Reiter, voran bringt.

Doch wie soll man außerhalb des Trainings so weitermachen, dass es einen ebenfalls voranbringt?

Ein guter Trainer gibt natürlich Tipps, wie man in der Zeit bis zum nächsten Training weiterhin für sich selbst trainieren soll, doch auch das ist für viele nicht so einfach.

Und obwohl ein Training selbstverständlich immer genau auf das Pferd-Reiter-Paar abgestimmt sein sollte, möchte ich hier einen Weg aufweisen, wie man autodidaktisch an der Zeiteinteilung, seinem Sitz und den Hilfen arbeiten kann.

Es gibt gewisse Sitzübungen, die wirklich für alle gut sind.

Wenn ihr dieses Training ab und an absolviert, und immer wieder mal einige Übungen zwischendurch macht, bringt es euch in jedem Fall weiter.

Aufwärmphase 1 (10 – 15 Minuten)

Das Aufwärmen verläuft bei den meisten nach dem gleichen Schema: Im Schritt am langen Zügel ca. 10 – 15 Minuten mit großen Handwechseln.

Absolut richtig! Wäre hier nicht das Dilemma, dass zwar das Pferd schon mal ein wenig gelockert wird, es dem Reiter aber kaum etwas bringt.

Auch ist diese Aufwärmphase nicht für jedes Pferd das Richtige.

Damit sich Pferd und Reiter gleichermaßen während der ersten 10 – 15 Minuten aufwärmen können, vor allem in der kalten Jahreszeit, ist die Aufwärmphase vom Boden aus ratsamer.

Wie genau diese Aufwärmphase vonstattengeht, ist wiederum ein wenig vom Pferd abhängig, daher sollte man unbedingt berücksichtigen, was der Trainer einem mit auf den Weg gegeben hat.

Manche Pferde bringt es weiter, wenn man sie tatsächlich einfach nur im Schritt führt und ab und an große Handwechsel macht. Jedoch bei Pferden, deren Hinterhand schwerer zu aktivieren ist, sollte man Seitengänge mit einbeziehen oder über Stangen gehen.

Sowohl die Seitgänge, als auch die Stangenarbeit wärmen auch den Reiter flexibler auf.

Die Aufwärmphase vom Boden aus hat zudem den Vorteil, dass man dem Pferd näher ist und man direkt nachgurten kann, einigen Reitern fällt dies vom Sattel aus schwer.

Auch wenn man Seitgänge und/oder Stangenarbeit in die Aufwärmphase einbeziehen möchte oder gar besser sollte, bitte zunächst, ca. 5 – 8 Minuten im Schritt ganze Bahn mit großen Wechseln gehen.

Das sind etwa insgesamt ca. 4 ganze Bahnen mit 1 oder 2 großen Handwechsel, wie durch die ganze Bahn oder durch die Länge der Bahn wechseln. Danach kann man dazu übergehen, entweder auf dem Zirkel und dabei an der offenen Zirkelseite das Schulterherein zu gehen, oder das Schulterherein an der langen Seite der ganzen Bahn.

Ebenso kann man aus der Ecke kehrt machen und dabei mit Schenkelweichen zur Bande hin gehen.

Wenn der Reiter nun einfach die gesamte Zeit nur nebenhergehen würde, ist er zwar ein wenig aufgewärmt, doch er kann noch einiges mehr tun, um wesentlich geschmeidiger vor dem Aufsitzen zu werden.

Daher kann man selbst vor- und rückwärtsgehen. Ein nettes Spiel, das auch dem Pferd einiges an Aufmerksamkeit abverlangt, ist es halten zu lassen, man stellt vor das Pferd, deutet ihm an, es soll stehen bleiben, geht einige Schritte rückwärts und lässt nach kurzer Stehzeit das Pferd auf sich zukommen. Sobald es direkt vor einem steht schickt man es zurück und geht mit.

Bei den Seitgängen selbst auch die Beine kreuzen, über Stangen laufen oder gar mal drüber hüpfen.

Nach 10 bis 15 Minuten seid ihr nun beide schon ein wenig aufgewärmt und du kannst aufsteigen.

Nachgurten nicht vergessen!

Bitte achte darauf, dass du mal von links und mal von rechts aufsteigst. Auch wenn man dir beigebracht hat, man steigt immer von links auf. Die Seiten immer mal abzuwechseln ist für euch beide gut: Das Pferd dankt es dir mit einem gesunden Rücken und deine Koordination wird trainiert.

Wenn du nun auf dem Pferderücken sitzt, merkst du sicher, dass es dir in der Tat etwas gebracht hat, dich vorher ein wenig aufzuwärmen.

Bleib dennoch ca. drei Runden im Schritt, gern mit einem Handwechsel dazwischen.

Auf dem Pferd geht es nun für euch beide mit dem Aufwärmen weiter.

Ich werde dir im folgenden drei Übungen erklären, die deinen Sitz verbessern können:

  1. Seitlich ausrichten

Hier stellst du dich im Schritt zunächst in beide Steigbügel und verlagerst dein Gewicht zuerst auf eine Seite, so dass du richtig tief zu dieser Seite seitlich im Steigbügel stehst. Ein paar Schritte so bleiben, aufrichten, so dass du geradestehst, ein paar Schritte so bleiben, dann tief auf die andere Seite stellen. Das machst du nun abwechselnd etwa eine Runde lang, danach setzt du dich wieder normal in den Sattel.

Du wirst feststellen, dass du vom Seitenverhältnis etwas ausbalancierter im Sattel sitzt.

  1. Beine ausrichten

Du stellst dich im Schritt in die Steigbügel, möglichst aufrecht, nur eine minimale Vorbeugung, also nicht wirklich in den Entlastungssitz gehen.

Nun versuchst du eine Weile einfach zu stehen. Du kannst nur dann ausbalanciert stehen, wenn deine Beine in der richtigen Position sind. Fällst du nach vorn, sind deine Beine zu weit hinten (Spaltsitz), fällst du nach hinten, sind deine Beine zu weit vorn (Stuhlsitz). Somit versuchst du immer beim Stehen, deine Beine richtig zu positionieren. Am Anfang ist es möglich, dass du direkt wieder in den Sattel kippst. Lass dich nicht entmutigen, stell dich wieder hin. Sobald du ausbalanciert stehen kannst, setzt du dich wie folgt in den Sattel ein: Du gehst zunächst leicht in die Knie, achte darauf, dass deine Beine die Position beibehalten. Sobald du fast im Sattel sitzt, kipp dein Becken ein wenig nach vorn, um dich auf die Sitzhöcker zu setzen. Übertreib es mit dem Becken nicht, du sollst anschließend aufrecht, auf den Sitzbeinhöckern im Sattel sitzen.

Diese Übung ist wesentlich schwieriger, als sie sich anhört. Es kann sein, dass du sie die ersten Male nicht korrekt ausführen kannst. Lass dich davon nicht entmutigen, mit der Zeit wirst du es schaffen.

  1. Radfahren

Diese Übung hört sich leichter an, als sie ist. Du sollst wirklich die Bewegungen des Radfahrens im Sattel ausführen. Hierfür gehst du aus den Steigbügeln raus.

Ich sehe hierbei immer wieder Schüler, die kaum Aktion in den Beinen haben, sprich, sie ziehen nur abwechselnd die Beine minimal hoch und runter. Diese Übung soll aber tatsächlich das Radfahren imitieren. Es sollen runde Bewegungen sein. Am Anfang ist das schwer. Fahre zunächst bitte vorwärts Rad.

Sobald du mit dem Pferd im Takt bist, dafür werden die runden Bewegungen benötigt, fällt dir das Radfahren wesentlich leichter.

Das bedeutet, sobald du dein Bein, und somit auch den entsprechenden Sitzbeinhöcker, gleichzeitig mit dem auf der gleichen Seite antretenden Hinterbein des Pferdes anhebst, seid ihr im gleichen Takt. Nun ist es sehr einfach, diese Bewegungen auszuführen. Sobald du das Gefühl hast, dass es rund ist, kannst du auch rückwärts Fahrrad fahren. Das rückwärtige Radfahren solltest du unbedingt auch erlernen, da es später im Trab benötigt wird.

Diese Übung bringt dich zum einen auf die Sitzbeinhöcker und lässt dich gleichzeitig den Takt des Pferdes erspüren.

Du wirst es nicht schaffen, alle drei Übungen durchzuführen. Nimm dir pro Stunde nur eine der Übungen vor, das ist vollkommen ausreichend.

Solltest du anfangs Schwierigkeiten haben, den Takt überhaupt zu erspüren und dich auf deine Sitzbeinhöcker zu setzen, so bitte eine Person dich ein oder zwei Runden zu führen und du setzt sich einfach auf deine Hände.

Vergiss bitte nicht, immer wieder Handwechsel zu machen. Du solltest grundsätzlich bei Übungen auf der ganzen Bahn nie mehr als zwei bis drei Runden auf einer Hand reiten. Bedenke, beide Seiten, sowohl die des Pferdes, als auch deine müssen trainiert werden.

Die Übungen im Schritt solltest du etwa ein bis zwei Runden durchführen. Wir sind jetzt bei insgesamt ca. 20 Minuten Training.

Nun kannst du in die Trabarbeit übergehen. Bitte gehe wie folgt vor: Trabe zunächst eine Runde leicht, danach geh direkt für eine Runde in den leichten Sitz. Du darfst dich hierbei gern am Sattel oder der Mähne festhalten. Der leichte Sitz ist im Trab ist anfangs wesentlich schwerer zu halten, als im Galopp.

Die nächste Runde trabst du wieder leicht. Spüre nun nach, ob sich dein Leichttraben verändert hat. Oft wird es nach einer Runde leichten Sitz einfacher, da der leichte Sitz deine großen Gelenke lockert. Du kannst nochmals für eine Runde in den leichten Sitz gehen, um die Runde danach erneut leichtzutraben und zu überprüfen, ob sich dein Leichttraben verändert hat.

Jetzt wird es wieder schwierig. Das Leichttraben ist nur für den Reiter leicht, für das Pferd ist das Aussitzen oder der Entlastungssitz wesentlich leichter. Damit möchte ich dir nicht sagen, dass du nie wieder Leichttraben sollst, denn dies ist für dich eine gute Übung, den Takt zu erspüren und auch deine Muskeln werden gestärkt. Das größte Problem ist, dass häufig zu weit nach oben aus den Bügeln heraus aufgestanden wird. Tatsächlich jedoch geht die Bewegung eher nach vorn und man steht aus den Oberschenkeln auf.

Oft sind es einfach nur nicht daraufhin trainierte Muskeln, die einen aus den Bügeln aufstehen lassen. Daher werden die beiden nächsten Übungen genau diese Muskulatur kräftigen.

Du trabst leicht, nur nicht steh-sitz-steh-sitz usw., sondern steh-steh-sitz-steh-steh-sitz usw.

Das wird dir am Anfang sehr schwer fallen, es wird dich aus dem Gleichgewicht bringen und das Aufstehen wird dir sehr schwer fallen. Es kann sein, dass du anfangs häufig in den Sattel zu fallen drohst. Das wäre für dein Pferd natürlich sehr unschön. Daher sorge dafür, dass du dich am Sattel oder der Mähne festhältst und dich, sobald du in den Sattel zu fallen drohst, leicht nach vorne neigst um leicht einzusitzen und nicht dem Pferd in den Rücken fällst. Mit der Zeit wird es wesentlich einfacher. Sobald du merkst, dass es dir leichtfällt, kannst du gern wieder eine Runde normal Leichttraben und nachspüren, wie sich das Leichttraben nun anfühlt.

Die nächste Übung ist genau umgekehrt, also sitz-sitz-steh-sitz-sitz-steh usw. Diese Übung bereitet dich optimal auf das Aussitzen vor. Viele Menschen haben ein Problem mit dem Aussitzen, da sie den Takt mit ihren Sitzhöckern nicht erspüren können, daher ist diese Art des Leichttrabens, da du ja quasi mitzählen und den Takt erspüren musst, eine gute Vorbereitung, auch mehrere Takte auszusitzen. Das kannst du übrigens gern machen, indem du, wenn du dich sicher fühlst, die Sitzphasen erhöhst.

Du musst wieder nicht alle Übungen machen, wobei es wirklich sehr hilfreich ist, in jeder Stunde den leichten Sitz mit einfließen zu lassen, da er deine großen Gelenke lockert.

Beschränke dich wieder auf ein bis zwei Übungen. Insgesamt solltest du etwa fümf bis sechs Runden diese Übungen zum Leichttraben machen. Wir sind nun bei 30 bis 35 Minuten.

Wir kommen jetzt zu Übungen zum Aussitzen.

Wenn du bereits vorher die Übungen, in denen du schon einige Takte saßt, gemacht hast, bist du nun wunderbar vorbereitet.

Das Aussitzen fängst du nun mit wenigen Takten an. Bleib ca. 2 – 3 Takte sitzen, versuche mit deinen Sitzbeinhöckern nachzuspüren, wann welches Hinterbein antritt. Sobald du dir sicher bist, dass das innere Hinterbein antritt, fängst du an, Leichtzutraben. Bitte schau nicht nach, ob du auf dem richtigen Fuß leichttrabst, versuche nachzuspüren, ob es sich richtig anfühlt, wenn nicht, sitz um und spüre wieder nach. Erst nach drei bis vier Takten schaust du nach, ob du richtig bist.

Nun beginnt es wieder von vorn, du sitzt einige Takte aus, so viele du dich sicher und ausbalanciert fühlst und beginnst Leichtzutraben, sobald du das Gefühl hast, dass das innere Hinterbein antritt.

Diese Übung schult dein Taktgefühl und das „blinde“ Leichttraben.

Die nächste Übung ist wieder das Radfahren, jedoch rückwärts. Im Trab kann man nur rückwärts Rad fahren.

Auch hier wirst du spüren, dass es anfangs eher schwierig ist. Sobald du jedoch mit dem Pferd im Takt bist, sich also dein Sitzbeinhöcker mit dem entsprechenden Hinterbein anhebt, wird es leicht. Wenn du merkst, dass dir das Radfahren leichtfällt, sitzt du aus. Spüre nach, ob es sich gut anfühlt. Wenn du das Gefühl hast, nicht gut zu sitzen, beginne wieder Rad zu fahren.

Auch hier kannst du dir nur eine der Übungen aussuchen, du musst nicht beide machen.

Wir sind jetzt bei 40 bis 45 Minuten Training. Eigentlich Zeit, nun zum Cool Down zu kommen.

Sitzschulungen sind meist zunächst nur im Schritt und Trab. Erst wenn man gut Aussitzen kann, geht es zum Galopp über.

Dennoch, wenn du unbedingt galoppieren möchtest, mach dies bei einer solchen Trainingseinheit so, dass du den Galopp in das Cool Down mit einbeziehst. Das bedeutet, du kannst gern galoppieren, doch bitte im leichten Sitz und am langen Zügel, so könnt ihr euch beide entspannen. Nach einer Runde bitte nicht mehr treiben, fällt dein Pferd nun in den Trab, lass es traben. Du kannst entweder weiterhin im leichten Sitz bleiben oder du gehst zum Leichttrab über. Bitte nicht mehr treiben, das Pferd ist weiterhin am langen Zügel. Wenn dein Pferd nun in den Schritt fällt, wechselst du die Hand und machst das gleiche Prozedere (Galopp, Trab, Schritt) auf der anderen Hand, natürlich weiterhin am langen Zügel.

Sobald ihr im Schritt seid, nimm die Füße aus den Bügeln, lass sie einfach hängen und kreise ein wenig mit den Füßen, danach lass deine Schultern ein wenig kreisen.

Dies war für euch beide eine sehr anstrengende Stunde. Du kannst gern in all deine Stunden einige dieser Übungen mit einfließen lassen. Solch ein Komplettprogramm solltest du jedoch nur ein bis zwei Mal in der Woche machen.

Es gibt selbstverständlich noch weitaus mehr autodidaktische Übungen, die jedoch niemals einen Trainer ersetzen.

Wer mehr Tipps oder gar eine komplette Sitzschulung von mir möchte kann mir gern schreiben.

Wenn ich vor Ort bin, kann ich natürlich wesentlich besser auf Pferd und Reiter eingehen und ein ganz individuelles Trainingsprogramm erstellen.

Vor Ort kann ich auch reine Sitzlongen geben, so dass ihr euch nur noch auf euren Sitz und nicht mehr auf Hilfen achten müsst. Gern setze ich auch die Franklin Bälle ein.

Ebenfalls zeige ich Übungen, die man außerhalb des Reitens macht, um einen besseren und ausbalancierteren Sitz zu bekommen.

Ich gebe auch komplette Lehrgänge. Dies ist besonders interessant, wenn die Entfernung recht groß ist, man aber dennoch einmal persönlich in Kontakt treten möchte.

Danach können wir auch gern „Fernunterricht“ machen. Wie das vonstatten geht, erkläre ich gern persönlich.